1. Ridley
  2. News
  3. Category: Nachrichten

Mädchen durften nicht Rad fahren, doch Violette (24) folgte ihrem Traum und startet nun bei der WM in ihrer Heimat

  • Nachrichten
Am Sonntag, den 21. September, steht Violette Irakoze Neza (24) beim Zeitfahren der Weltmeisterschaften in ihrem Heimatland Ruanda am Start, eine Woche später folgt das Straßenrennen. Damit geht ihr Lebenstraum in Erfüllung. Doch als kleines Mädchen hörte Violette immer wieder, dass sie nicht Rad fahren dürfe. Heimlich trainierte sie weiter, wurde immer schneller, bis sie schließlich als Fahrerin des Ridley Racing Teams am Start der ersten Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent stehen durfte.

Ruanda ist ein Land im Wiederaufbau nach dem Völkermord von 1994, der etwa 800.000 bis 1 Million Menschen das Leben kostete. Das „Land der tausend Hügel“ schreibt mit den ersten Straßen-Weltmeisterschaften auf afrikanischem Boden nun ein neues, positives Kapitel seiner Geschichte. Die dunklen 90er-Jahre hat Violette zum Glück nicht mehr erlebt. Als sie zu Beginn dieses Jahrhunderts aufwuchs, deutete nichts darauf hin, dass sie eines Tages an einer WM teilnehmen würde.

Das verbotene Fahrrad

In Europa besitzt fast jeder Haushalt ein Auto, in Ruanda verfügt jede Familie über ein Fahrrad. Landarbeiter nutzen es, um die Ernte nach Hause zu transportieren. Dennoch bekam Violette von ihrem Umfeld immer wieder zu hören, dass Radfahren nichts für Mädchen sei. Also beobachtete sie heimlich, wie die Männer ihre Pedale und Bremsen benutzten, und probierte es in unbeobachteten Momenten selbst aus. Ihr Traum war größer als die Angst, erwischt zu werden.

Die Jungen ihres Dorfes trauten ihren Augen nicht, als sie Violette Rad fahren sahen. Ihre Eltern reagierten weniger begeistert und waren enttäuscht von ihrer Tochter. Auch im Dorf gab es viel Kritik. So würde Violette niemals einen Mann finden. Nach dem Tod ihres Vaters konnte sie ihre Mutter davon überzeugen, dass Radfahren ihre Leidenschaft sei. Dank einer Sammelaktion bekam sie ihr eigenes Rad und konnte ihrem Traum folgen.

Goldmedaille

Nachdem Violette alle davon überzeugt hatte, dass sie sehr wohl auf das Rad gehörte, konnte sie richtig loslegen. Regelmäßig traf sie auf Männerteams, die von einem professionellen Trainer betreut wurden. Die Männer waren überrascht, eine Frau auf dem Fahrrad zu sehen. Eines führte zum anderen, und 2018 war Violette Teil des ruandischen Mannschaftszeitfahrteams, das bei den Afrikameisterschaften Gold gewann. Ihre Schwester organisierte eine große Feier: Aus der einst verbotenen Radfahrerin war plötzlich eine Heldin des Dorfes geworden.

Nachdem sie bewiesen hatte, wozu sie fähig war, wollte Violette jungen Mädchen helfen, in ihre Fußstapfen zu treten. Sie studierte Tourismus und erwarb ein Trainerdiplom beim Weltradsportverband UCI, um als zertifizierte Radtourenführerin in ihrer Heimatregion arbeiten zu können. Außerdem gründete sie ihr eigenes Mädchenteam, mit dem sie jungen Talenten aus der Region die Möglichkeit bietet, den Radsport kennenzulernen. Komera NEWCT wurde schnell ein fester Begriff im ruandischen Radsport.

Auch in Beringen, Limburg, kannten Radsportexperten Violettes Geschichte. Nicht nur ihre sportlichen Fähigkeiten, sondern auch ihr gesellschaftliches Projekt zur Förderung des Radsports machten sie zu einem besonderen Profil. Bei der Gründung des Ridley Racing Teams wurde sie zu einem Leistungstest eingeladen und erhielt schließlich einen Platz im Kernteam. Danach nahm sie unter anderem an den größten Gravel-Rennen der Welt teil, wie der Traka, The Bright Midnight und Marly Grav.

Höhepunkt

Trotz ihrer eigenen sportlichen Karriere hat Violette ihr Mädchenteam nie aufgegeben. 2023 starteten sie mit fünf Mitgliedern beim ersten Training, heute versammelt sich ein Vielfaches bei den wöchentlichen Wochenendeinheiten. Alle sind Schülerinnen zwischen 12 und 18 Jahren. Da es nicht genügend Fahrräder gibt, teilen sie diese untereinander. Die Teilnehmerinnen kommen aus verschiedenen Regionen und sind in dem Alter, in dem Violette selbst noch heimlich Rad fahren musste, weil es für Frauen verboten war.

Die Fortschritte sind enorm. Die Fahrerinnen aus Violettes Projekt träumen von den Afrikameisterschaften und sogar von den Weltmeisterschaften. Violette möchte ein Vorbild für alle Mädchen weltweit sein, die von einem Leben auf dem Rad träumen. Die Weltmeisterschaften im eigenen Land sind die perfekte Bühne, um zu zeigen, wozu Willenskraft und Durchhaltevermögen führen können.

Am Dienstagabend, den 16. September, zeigt Canvas in der dritten Folge von Regenbogen in Rwanda eine Reportage über Violettes Arbeit. Diese Folge finden Sie auch unter diesem Link.